Auf drohende Unwetter besser vorbereiten

28.11.2024 | Presse

Katastrophenschutz: Klimaziele erreichen und so das Problem an den Wurzeln packen ist die eine Sache beim Umgang mit häufiger als früher vorkommenden Unwetter-Ereignissen. Sich durch öffentliche und private Maßnahmen zu schützen, ist aber dennoch unverzichtbar.

OSTALBKREIS. „Resilienz“ ist ein Wort, das im allgemeinen Wortschatz der Bevölkerung hierzulande noch vor zehn Jahren überhaupt nicht vorkam. Gemeint ist damit (einfach erklärt): sich mit geeigneten Maßnahmen auf nicht zu verhindernde Wetterereignisse so vorbereiten, damit sich Schäden in Grenzen halten. Im Ostalbkreis gibt es dazu ein Resilienzzentrum, das vor allem auf Information der Bevölkerung setzt und Bürgerinnen sowie Bürger für den Eigenschutz sensibilisiert.

Eigenschutz setzt neben den langfristigen Maßnahmen – zum Beispiel technische oder bauliche Veränderungen an potenziell gefährdeten Immobilien – voraus, dass man frühzeitig von drohenden Gefahren erfährt. In Täferrot zum Beispiel erläuterte Bürgermeister Markus Bareis dass eine ausreichende Vorlaufzeit der Dreh- und Angelpunkt gewesen sei, um betroffene Wohnlagen rechtzeitig und geordnet zu evakuieren. Schon früh mit Handzetteln und (nach der offiziellen Evakuierungsanordnung durch das Landratsamt) auch mit Lautsprecherdurchsagen der örtlichen Feuerwehr sowie Klingeln an der Haustür habe man alle Leute im gefährdeten Gebiet in Sicherheit bringen können.

Diese Erfahrung habe jedoch vor Augen geführt, dass man sich nicht darauf verlassen darf, dass ja jeder gefährdete Haushalt via Handy, per Telefon oder durch Rundfunkmeldungen gewarnt werden kann. Vor allen dann nicht, wenn die Menschen mitten in Nacht tief und fest schlafen. Ein weiterer Mosaikstein der Gemeinde Täferrot ist ein Notfallzentrum. Weil das Feuerwehrhaus (inklusive Halle als Notfallquartier) in höherer Lage und damit hochwassersicher ist, ist die Feuerwehr der zentrale Anlaufpunkt bei Katastrophen. Dank eines neu beschafften großen Notstromaggregats und eines Satellitentelefons ist man nach den Worten von Bareis dort auch noch dann mit dem Rest der Welt verbunden, wenn durch Stromausfall weder Telefone noch Mobilfunk funktionieren.

Teil der Vorbereitung ist zudem eine zuverlässige Wetterprognose, die eine frühzeitige Warnung möglich macht. Wie man zu relativ verlässlichen Vorhersagen kommt, erläuterte bei der Informationsveranstaltung in Täferrot Expertin Sarah Müller – eine Beraterin des Deutschen Wetterdienstes. Grundstock für jene Prognosen, die mit Hilfe von Rechenmodellen am Computer erstellt werden, sind möglichst viele Informationen. Gesammelt werden diese Wetterdaten durch einen Mix aus möglichst vielen internationalen Quellen, um die Geschwindigkeit und die Richtung von Wetterentwicklungen zu analysieren. Daten liefen klassische Wetterstationen ebenso wie Messfühler und Sender an Bojen sowie Informationen von Schiffen und Flugzeugen. Hinzu kommen Radiosonden und sogenannte „Crowd Source Daten“, Gemeint ist mit letzterem ein Netzwerk aus Bürgerninnen und Bürgern, die als Wettermelder aktiv sind.

Sarah Müller erklärte, dass dank dieser Vernetzung und der immer besser werdenden Rechenmodelle die Verlässlichkeit der Vorhersagen deutlich genauer sei als früher. Die Wetterdienste rechnen in unterschiedlichen Ländern laut Müller mit unterschiedlichen Modellen. Soll heißen, die zur Verfügung stehenden Daten fließen dort in unterschiedliche mathematische Formeln ein. Der Deutsche Wetterdienst stütze sich daher nicht nur auf ein Modell, sondern beziehe mehrere Modelle in die Prognose ein und könne deshalb zuverlässiger sein als eine App, die nur ein einziges Modell als Basis für die Prognose nimmt.

Wird man durch eine verlässliche Wettervorhersage in Alarmbereitschaft versetzt, dann sollte jede Person, die in einem hochwassergefährdeten Gebiet wohnt, eine Notfall-Strategie vorbereitet haben, erfuhren die vielen Zuhörerinnen und Zuhörer in der Werner-Bruckmeier-Halle von Petra Weber – eine Wasserbauingenieurin mit zusätzlicher Ausbildung im Katastrophenschutz, die im Ostalbkreis das Resilienzzentrum leitet. Das beginnt schon damit, dass man sich im Internet unter der Adresse udo.lubw.baden-wuerttemberg.de anhand von Karten informiert, ob der persönliche Aufenthaltsbereich gefährdet ist.

Weil dann alles oft sehr schnell gehen muss, sollte ein Notfallrucksack am besten immer griffbereit an einem hochwassersicheren Ort im Haus bereit stehen. Neben wichtigen persönlichen Dokumenten sollte er auch die nötigen Medikamente enthalten. Einen gewissen Vorrat an Essen und Trinken für einige Tage sollte man im Haus haben. Wer es ganz genau wissen will, bekommt im Landratsamt einen Ratgeber vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Auch online, so Petra Weber, finde man viele wertvolle Tipps für die Vorbereitung.

Hinzu kommt, dass auch technische und bauliche Maßnahmen sinnvoll sein können. Sandsäcke seien aufgrund der Sperrigkeit bei der Aufbewahrung und des zeitraubenden Anbringens für Privatpersonen eher ungeeignet. Besser sei zum Beispiel das Bereithalten von Brettern oder Platten, mit denen Kellerfenster oder Türen in Verbindung mit verschraubten U-Profilen druckwassersicher abgeschottet werden können. Es gebe auch technische Lösungen, die bei Nässe automatisch hochfahren – zum Beispiel zum Schutz von Tiefgaragen. Letztlich sei es sinnvoll, durch Versicherungen oder zurück gelegtes Geld dafür zu sorgen, dass etwaige Schäden behoben werden können.

Wichtig sei, dass man wertvolle Dinge höher lagert und im Keller zum Beispiel Waschmaschinen oder Trockner auf einem Podest platziert. Auch die Elektroinstallation könne so ausgeführt werden, dass es bei einer leichten Überflutung des Kellers keinen Kurzschluss gibt. Der wohl wichtigste Rat von Petra Weber: „Gehen Sie bei Hochwasser in höhere Etagen und auf keinen Fall in eine Tiefgarage oder in den Keller!“ Auch überflutete Straßen seien wegen des Sogs und häufig dann heraus gedrückten Schachtdeckeln lebensgefährlich. „Halten Sie sich da unbedingt fern!“

von Gerold Bauer

Rems Zeitung (05.11.2024)